PKH: keine Verlagerung der Hauptsache ins PKH-Verfahren

Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 1. 2. 2006 - 14 WF 54/06
Rechtsprechung

Wird gegen einen Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt muss sich das Gericht mit den Gründen der Beschwerde auseinandersetzen und in einem Beschluss die Gründe offen legen, die zur Nichtabhilfe geführt haben.

Die Anforderungen an die Prüfung der Erfolgsaussicht dürfen nicht zu einer Verlagerung der Hauptsache in das PKH-Verfahren führen (vergleiche BVerfG vom 4. 2. 2004 - 1 BvR 1715/02).

Gründe:

Durch Beschluss vom 29. 12. 2005 hat das Familiengericht Quedlinburg das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin zurückgewiesen.

Wird gegen einen Prozesskostenhilfebeschluss sofortige Beschwerde eingelegt, muss sich das Gericht mit den Gründen der Beschwerde auseinandersetzen und in einem Beschluss diese Gründe offen legen, die zur Nichtabhilfe geführt haben. Nur im Falle der Abhilfe ist - da begünstigend - eine Begründung entbehrlich, denn dieser Beschluss ist nicht anfechtbar. Eine bloße Verfügung - wie hier - ist unzulässig und beweist auch, dass die Beschwerdegründe nicht einer eigenen Prüfung unterworfen wurden.

Ergänzend ist unter Bezug auf die Entscheidung des BVerfG vom 4. 2. 2004, Az. 1 BvR 1715/02, auszuführen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsprinzip eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vergleiche BVerfGE 9, 124; 10, 264 (270); 67, 245 (248); 81, 347 (356)).

Verfassungsrechtlich ist es dabei unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (vergleiche BVerfGE 81, 347 (357)). Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, jedoch dann, wenn sie unter Verkennung der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung überspannen und dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt wird (vergleiche BVerfGE 81, 347 (358)). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die vorliegende Beschwerde als begründet. Das Familiengericht hat die Anforderungen an die Erfolgsaussicht überspannt und damit die Bedeutung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit verkannt. Im summarischen Prozesskostenhilfeverfahren ist zum Nachteil der kostenarmen Partei entschieden worden, obwohl das Gericht erkannt hatte, dass die zu entscheidenden Fragen streitig bzw. nicht einfach zu beantworten sind (vergleiche Schwab, FamRZ 1997, S. 521 (525); Müller, DAVorm 2000, S. 829 ff.).

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